Dienstag, 19. April 2016

Unser Einzelkind

... ach, was gibt es so viele Vorurteile über Einzelkinder. Da muss ich gar nicht recherchieren. Ich habe sie selbst. Und - ich habe ein Einzelkind. Nicht ganz freiwillig, aber doch. Ich liebe meine Prinzessin heiß und innig. Und der Papa auch und die Großeltern, Tanten und Onkel... Unsere Maus ist nämlich wirklich ein Einzelkind. Das einzige Kind der gesamten Familie!

Das bedeutet viel Aufmerksamkeit - in Form von Zuhören, in Form von Geduld, in Form von Streicheleinheiten, in Form von Spielestunden. Ein Kind kann gar nicht genug Liebe und Förderung bekommen. Von daher alles bestens...

Sie hat viel Kontakt zu Gleichaltrigen. Der Freundeskreis ist groß, der Bezug zu anderen Familien gut. Unser Einzelkind ist kein einsames Kind. Sie ist sozial, hängt sehr an ihren Freunden, verleiht ihre Spielsachen ohne zu zögern, kann teilen... (Blöd, dass ich das überhaupt betone. Da schwingen sie wieder mit, die Vorurteile.)

Auch Einzelkinder müssen abgeben

Und trotzdem fehlen natürlich die Geschwister. Zum Spielen, aber auch zum Abhärten, zum Wartenlernen, zum Durchhalten, zum Selbständigwerden und als hilfreiche Koalition gegen uns Eltern. Da wir Eltern uns meist enervierend einig sind, heißt es oft zwei gegen einen. Meine Erfahrung ist: Auch ein Einzelkind muss abgeben können Nicht unbedingt das Spielzeug oder das letzte Kuchenstück, aber Zeit.  Und die kann ganz schön lang werden.

Denn wenn wir Eltern so langweilige Dinge tun, wie aufräumen, arbeiten, ein Haus sanieren... und sie nicht gerade bei einer Freundin ist, ist da eben kein anderes Kind zum Spielen oder Zanken oder zumindest Ablenken. Dann ist sie allein. Manchmal spielt sie dabei herrlich für sich. Meistens aber, fehlt ihr der Spielpartner. Anstrengend für sie und anstrengend für uns, die wir dann ständig gefragt sind und irgendwann auch gereizt reagieren.

Extraportionen

Vor allem bei mir ist da immer das schlechte Gewissen, ihr etwas vorzuenthalten. Auch wenn ich an der Situation nichts ändern kann. Dann bekommt sie eine Extraportion Zeit und noch eine und noch eine. Bis meine Alltagspflichten sich häufen. Natürlich bekommt sie auch eine Extraportion Helikoptertum. Ich weiß, dass das die Selbständigkeit nicht gerade fördert. Deshalb verstecke ich meine Argusaugen so gut es geht hinter meiner Brille und freue mich für sie über (mama)befreite Kitazeiten.

Die Vorteile

Das klingt jetzt alles so negativ. Ist es gar nicht. Zu Dritt zu sein hat auch große Vorteile. Viel Nähe, Zeiten der Ruhe und Entspannung, genug Platz im Familienbett, ein Freizeitprogramm, dass sich ganz auf die Bedürfnisse einer Vierjährigen ausrichtet und nicht auch noch zu einem Einjährigen oder einer Achtjährigen passen muss. Und natürlich Großeltern, die ihre Enkelin problemlos für ein paar Tage zu sich nehmen können und uns Eltern damit echte Zweisamkeit schenken...

Nicht jeden Tag wünsche ich mir deshalb ein zweites Kind. Oft bin ich glücklich und zufrieden mit der Situation, die wir so nicht geplant hatten. Und wenn es dann mal wieder zwickt, dann blogge ich halt darüber, obwohl ich eigentlich über etwas anderes schreiben wollte: Den Familienspaziergang mit vier Erwachsenen und EINEM Kind. Der kommt dann beim nächsten Mal.

Es grüßt euch ganz lieb!

Eure Nachbarin

6 Kommentare:

  1. Ein bißchen weiß ich, was du meinst! Fehlt unserem Söhnchen etwas, weil er ja keine Geschwister (zum Spielen, raufen, sich abgrenzen etc.) hat? JA!
    Und dennoch: Es ist wie es ist und hoffentlich ist es gut...
    Und dann gibt es die Momente, wo ich das Gefühl hab, es ist genau richtig so für ihn. Weil er eben so ist, wie er ist und außerdem lernen Einzelkinder dadurch vielleicht etwas anderes... Sich mit sich allein beschäftigen MÜSSEN z.B. ;)
    Ich jedenfalls lehne inzwischen das Spielen mit Autos, Playmobil etc. kategorisch ab. Ich hab da keine Lust zu und Punkt. Mit manchmal viel schlechtem Gewissen überlasse ich ihn seiner Langeweile und oft kommt es vor, dass ich ihn dann irgendwann allein vor sich herspielend erlebe - ganz ruhig werdend...
    Ist vielleicht auch ganz gut, mh?!
    Wer weiß das schon? :)
    Ach ja, wir könnten uns ja mal wieder gegenseitig besuchen :D

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  2. Vielen Dank für diesen Artikel! Meine Kleine ist jetzt 2 Jahre alt und wir Eltern beide voll berufstätig. DAS finde ich manchmal schon schwierig unter einen Hut zu bekommen, obwohl wir Kita und Oma/Opa zur Unterstützung haben.
    Aufgrund meines Alters habe ich mich eigentlich gegen ein 2. Kind entschieden (bin jetzt 40J.). Ich habe einfach nicht mehr soo viel Energie, dass ich mir vorstellen könnte, diesen Stress der ersten Jahre noch einmal von vorne zu beginnen, wir stecken ja gerade mittendrin. Und dennoch sind in mir desöfteren leise Zweifel, gerade wenn ich sehe wie unkompliziert es auch für uns Eltern ist, wenn sie unter anderen Kindern weilt.
    Wenn ich dann wiederum an meine Kindheit denke, habe ich mich mit meinem Bruder mehr gezofft, als dass wir miteinander gespielt hätten, da waren die Unterschiede wohl zu groß.
    Schwieriges Thema :-(

    LG Lilly

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  3. Ja, das geht mir auch so. Unsere Tage sind so schon sehr ausgefüllt und es ist schwierig, uns Dreien überhaupt gerecht zu werden. Sicher klappt es auch zu Viert, aber entspannter wird es wohl nicht :-), vor allem, wenn es Zoff gibt. Geschwister sind halt auch nicht immer automatisch beste Freunde. LG Janina

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  4. So ehrlich, offen und emotional geschrieben! Sympathisch von Herz zu Herz ;0) liebe Grüße von Anna`s Mama....Patchworkmama, Puppenmama und Erzieherin....

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  5. Das wahre Schicksal des Einzelkindes beginnt ja auch erst, wenn die Eltern alt werden.

    Daniel

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    1. Da hast du Recht. Der Gedanke macht mich auch traurig. Aber dann denke ich an die vielen Bekannten meiner Eltern, die sich mit ihren Geschwistern nicht einigen können, in Sachen Pflege. Meist bleibt es an demjenigen hängen, der in der Nähe wohnt und das bringt manchmal richtigen Ärger. Wenn es dann noch um das Erbe geht... Ist eben eine Belastungsprobe, auch wenn viele Leute das gut geregelt kriegen. Ich kann nur hoffen, dass unsere Tochter bis dahin eine eigene intakte Familie hat, die sie unterstützt, wenn wir alt sind. Außerdem werden wir so gut wie möglich vorsorgen - für sie und für uns.

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