Freitag, 1. Januar 2016

Der verhinderte Countdown


Wie immer nach einer späten Nacht und einem viel zu frühen Morgen hat man ja nur ein Bedürfnis: bloggen. Also zumindest nachdem man den frühaufstehenden Familienteil verwünscht und sich einen Dominostein als Kaffeeersatz reingezogen hat. Dann fällt einem plötzlich auf, dass man unverzeihlicherweise an dieser Stelle weder Weihnachts-, noch Silvesterwünsche losgeworden ist. Das möchte ich hiermit nachholen: Frohe Weihnachten, einen guten Rutsch und natürlich für  2016 Euch allen nur das Beste. Und regt Euch nicht auf! So wie ich. An Silvester...

Ich erinnere mich ja nicht an viel, aber das Gefühl, dass ich an den Silvestern der vergangenen Jahre zur Stunde Null hatte, ist mir immer noch sehr präsent. Zum Beispiel der Jahreswechsel 2010/11, als ich - noch ganz unbewusst mit Töchterlein schwanger war. Damals schaute ich mit einem warmen, optimistischen Gefühl in den explodierenden Nachthimmel. Danach folgten Silvesternächte der bleiernen Müdigkeit junger Eltern schlecht schlafender Kinder. Und dieses Jahr?! War ich einfach nur stinksauer!

Ja, auch weil ich mir vielleicht den ein oder anderen Jahresrückblick zu viel gegeben hatte. Ich bin ja bekennender Nachrichtenvermeider. Da helfen alle guten Vorsätze nichts. Ich schaue sie nicht, ich höre sie nicht und ich lese sie nicht. Beim Jahresrückblick stelle ich dann immer wieder fest: Was wichtig war, habe ich mitbekommen und muss mich zum wiederholten Male fragen,  in was für einem Land/einer Welt wir eigentlich leben. Um den Rest war es definitiv (auch) nicht schade.

10, 9, 8...

Konkret stinkwütend war ich aber eigentlich auf Töchterlein. Seit Weihnachten schlage ich mir Nacht für Nacht um die Ohren, weil sie einen echt fiesen Infekt hat und dann gönnt sie mir nicht MEINEN COUNTDOWN! Ohne Countdown und anschließendes "Prost Neujahr" ist es aber kein Silvester. Finde ich. Ich schaltete also um kurz vor zwölf den Fernseher an. Da war draußen das Feuerwerk schon in vollem Gange - aber wenn ich schon zähle, dann die wirklich letzten zehn Sekunden.

Ich mach also den Fernseher an, Tochter macht den Fernseher aus: "Das ist zu laut und stört mich..." (...beim Erlauschen des infernalischen Infernos vor der Haustür, das übrigens jegliche TV-Dezibel problemlos übertönte). Aber ich wollte ja auch nur die Fernseher-Uhr. Also ich wieder den Kasten an, sie wieder aus. Entnervt ging ich in die Küche und holte unsere drei Gläser vom Abendessen, damit wir wenigstens anstoßen und uns zu Dritt in den Armen liegen konnten. Mehr als unklug, hatte in meinem Glas Saft, in den anderen aber nur Wasser. Und es war keine Zeit mehr, diesen unfassbar ungerechten Zustand zu ändern.

Während ich also den Fernseher wieder anstellte und tapfer rückwärts zählte, zeterte Töchterlein "Ich will auch Saft", fiel dann kurz resigniert in sich zusammen "Ich feier nie wieder mit euch irgendwas", bevor sie mir schließlich um zwei vor Zwölf in einem letzten Kraftakt des Jahres 2015 mein Glas entriss und mir ihres (klebrig, unansehnlich, bazillär verseucht) in die Hand drückte. Damit war nicht nur der Countdown gelaufen, sondern auch das fröhlich liebevolle Anstoßen unserer glücklichen Kleinfamilie.

GRRRRRRR!

Ich kochte, ich brodelte, ich war kurz davor gleich einer Batterie billigster Chinaraketen in der Nachthimmel zu steigen. Nach so einem Jahr... ohne auch nur eine Minute für mich... Undankbarkeit sondergleichen... nicht mal den kleinsten Wunsch... und dann noch die schlaflosen Nächte... dampfte ich vor mich hin, während ich mit Familie und steinernem Gesicht auf das grellbunte Gezische draußen vor der Balkontür schaute. Mein Mann legte beruhigend den Arm um mich, meine Tochter bedeckte mein Gesicht mit Küssen. Nichts half! Mein Jahreswechsel war versaut. Bis 12 Uhr 12. Da hatte ich mich beruhigt. Einfach so.

Nicht nachtragend zu sein hat gewisse Vorteile, denn so konnten wir noch mit den Großeltern und dem Bruder in Amerika telefonieren. Ich weiß nicht, wie es Euch so geht, aber mit einer Stinkwut bin ich noch nie ins neue Jahr gestartet. Das kann ja heiter werden...

In diesem Sinne Euch allen viele sonnige Tage und wenig Grund zum Wüten im neuen Jahr.

Wir schaffen das... (auch irgendwie noch). Es bleibt uns ja auch nichts anderes übrig!

Prosit Neujahr!

Eure Nachbarin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke für Deinen Kommentar. Ich werde ihn baldmöglichst freigeben.