Mittwoch, 31. Dezember 2014

Silvester - Das Übliche

Tschö 2014

2014 ist schon so alt, das nur noch ein Blatt im Abreißkalender hat. So alt, wie ich mich fühle, wenn ich morgens im Bad meinem Spiegelbild ausweiche. Was hat es gebracht, das Jahr? Leider vieles, das in die Kategorie "In was für einer Welt leben wir eigentlich?" passt. Wer sich nochmal gruseln will, schaue sich den ein oder anderen Jahresrückblick an...

Für die Nachbarin war 2014 ein besonderes Jahr. Sie erblickte nämlich am 13. Januar das Licht der Welt. Völlig unabsichtlich und ungeplant und eigentlich nur, weil so ein Bloggerprofil so einfach einzurichten ist, dass sogar Mami es kapiert hat. Beim Thema "intuitiv bedienbar" gehen gewisse Meinungen dauerhaft auseinander (also zum Beispiel meine und die meines Informatikermannes). In diesem Fall nicht und schon war sie da - meine Alte Ego - und wollte nicht mehr weg. Den Rest kennt ihr.

Dass sie aber mein Jahr derartig durcheinander bringen würde, damit hätte ich niemals gerechnet. Ich lag also an einem grauen Januarmorgen auf der Couch, vor mir mein Potpouri der guten Vorsätze. Wollte entschleunigen, drei Kilo abnehmen, gesünder und nachhaltiger leben, netter zu meinen Mitmenschen sein, mehr Zeit für meine Familie haben... das Übliche eben. Ob ich meine Vorsätze auch umgesetzt habe? Nur so viel: Ich habe vier Kilo zugenommen.

Moment kleine Schokoladenpause...

So, wo war ich. Gute Vorsätze... Zu meinen Vorsätzen gehörte im Januar definitiv nicht, im Juni 2014, nach genau sieben Jahren, meinen sicheren Job als Online-Redakteurin zu schmeißen, mir zu Hause ein Homeoffice einzurichten und mich monatelang mit Dingen wie "Künstlersozialversicherung" und "Umsatzsteuervoranmeldung" zu befassen. Ihr wisst schon - schade um die Lebenszeit und so. An dieser Stelle noch mal vielen Dank an hilfreiche Kollegen und vor allem meinen Mann, der meine Legasthenie in Sachen Behördenkram und Exceltabellen mit stoischer Gelassenheit erträgt bzw. die Dinge einfach selbst in die Hand nimmt.

Heute sorgt die Nachbarin zum Teil für meinen Lebensunterhalt, indem sie sich auch regelmäßig auf dem Livestyle-Blog von GALERIA Kaufhof austoben darf. In meinem anderen Leben bin ich dem guten alten Online-Journalismus treu geblieben und er mir. Diese Mischung macht zufrieden und so haben die Nachbarin und ich unseren Schritt noch keinen Tag bereut.

Die Nachbarin und ich
Wieviel Nachbarin in mir steckt und wieviel von mir in der Nachbarin, darüber gehen die Meinungen auseinander. Meine älteste Freundin meint lapidar: "Mehr, als du denkst." Meine Mutter wundert sich unterdessen, wie ich immer auf "diese ganzen lustigen Geschichten" komme und ich kann nur sagen: Sie passieren genauso. Naja, also fast genauso, in etwa. Mein Mann geht von mehr Wahrheitsgehalt aus, "als noch normal ist". Wer es genauer wissen will, darf fragen.

Zweierlei freut mich immer wieder: Wenn ich mit "Hallo Nachbarin" angesprochen werde, denn dann weiß ich: "Hach! Mein Leser!!" Und: Wenn mir Leute ihre eigenen komischen Geschichten überlassen, mit denen ich dann machen darf, was ich will. Da geht mir das Herz auf. Danke :-) Ansonsten sind die Nachbarin und ich zum Jahresende ziemlich verschmolzen, was auch meine Gewichtszunahme erklären könnte. Ich hoffe, sie bleibt mir auch im nächsten Jahr erhalten, vor allem, wenn sie jetzt gleich meine Vorsätze liest:

- Ich muss und ich werde ein System finden, das den Sockenverlust auf ein Minimum reduziert.
- Ich werde keine Geburtstags-Mails und -Whatsapps mehr mit den Worten: "Nachträglich, aber besonders herzlich..." beginnen (An dieser Stelle gratuliere ich nachträglich, aber besonders herzlich M. aus J. bei R. zum elften Geburtstag. Sorry Mate, ist ja noch das alte Jahr)
- Ich werde zucker- und (hoffentlich auch bald) fettarm leben (darauf noch ein Stück Toblerone).
- Ich werde meine sportlichen Ambitionen weiter verfolgen und wie 2014 jede mir irgendwie mögliche (ihr seht die Auswahl ist begrenzt) Sportart mindestens zweimal betreiben.
- Ich werde mindestens dreimal in der Woche Zahnseide benutzen und mich einer professionellen Zahnreinigung unterziehen. (Dr. M., Sie haben gewonnen.)
- Ich werde täglich Nachrichten hören/lesen/schauen, auch wenn es mir nach einer Folge "How I met your Mother" viel besser geht.
- Ich werde aus meinem Arbeitszimmer-Schrägstrich-Gästezimmer-Schrägstrich-Rumpelkammer, das derzeit den Charakter und die Raumqualität einer verschimmelten Nerd-Butze hat, ein präsentables Arbeitszimmer-Schrägstrich-Kreativraum-Schrägstrich-Wenn-jemand-zu-Besuch-kommt-darf-er-trotzdem-hier-schlafen-Zimmer machen...
- Ich werde mich durch unseren familiären Mikrokosmos wühlen und wenn es was zu schreiben gibt, werde ich schreiben.
- Ich werde die Privatsphäre meiner Tochter so gut es geht schützen, damit sie nicht, wie unlängst von einer Kindergarten-Mutter prophezeit, in fünfzehn Jahren zum Therapeuten muss und danach zum Anwalt geht, um mich zu verklagen.

Ach ja, und ich werde entschleunigen, 6 Kilo abnehmen, nachhaltiger leben, netter zu meinen Mitmenschen sein, mehr Zeit für meine Familie haben... das Übliche eben!

Viel Glück!!!

In diesem Sinne:

Bleibt gesund,
verlernt das Lachen nicht
und schaut 2015 mal wieder rein.

Die Nachbarin und ich - wir freuen uns!!!

Dienstag, 23. Dezember 2014

Verpacken auf eigene Gefahr

Abgebrochene Nägel, kaputte Fingerkuppen, verklebtes, wirres Haar. Nein, ich komme nicht von einem Survivaltripp aus dem Dschungel. Ich habe nur Geschenke verpackt. Es gibt ja so Dinge, die verlernt man nie: Fahrradfahren, mit Messer und Gabel essen, Geschenke verpacken... Dachte ich zumindest. Die Realität sieht anders aus, muss ich leider feststellen. Früher gehörte das kunstvolle Verpacken zu meinen leichtesten Übungen (ich habe sogar mal am Packtisch gearbeitet). Ja, ich sonnte mich sogar in dem Glauben, ein gewisses Talent dafür aufzubringen. In jüngerer Zeit stelle ich mich jedoch an, wie ein Linkshänder mit Rechtshänderschere.


Das Papier reißt bereits beim Einschneiden - vorbei die Zeiten, in denen die Schere mit elegantem Schwung glatt durch das Papier fuhr und Papercut-Kanten produzierte. Die einst virtuos ausgeführte origamigleiche Falttechnik funktioniert überhaut nicht mehr. Meist ist das Papier viel zu groß und liegt in etwa so straff am Karton, wie die Haut einer 90-jährigen Omi. Dazu übelstes Geknuddel an beiden Seiten, wo eigentlich dieses perfekt gefaltete Dreieck hingehört, von einem dezenten  Klebesteifen gehalten. In meinen Glanzzeiten habe ich sogar Doppelklebeband benutzt...

Patchworkpapier

Manchmal ist das Papier aber auch zu klein, was ja noch blöder ist. Da mich offensichtlich mein Augenmaß verlassen hat, habe ich wenigstens auch eine Menge knitteriger kleiner Endstücke übrig. Die verklebe ich dann irgendwie miteinander zu einer Art Patchworkpapier und und gebe diesem mit Tesafilm den Rest. Ja, die Sache mit dem Tesafilm. Früher hatte ich Scotchband, bis sich mal irgendwann eine Freundin darüber lustig machte, dass ich ja immer dieses milchige Klebeband benutzen würde. Ja, auch, um filigrane Papiersterne ans Fenster zu pappen.

Sah ein bisschen unschön aus. ABER es verklebte nicht UND der dazugehörige Abroller tat, was er sollte. Nämlich nicht nur einwandfrei abrollen, ohne dass das Band verpappt, sondern auch an der Risskante problemlos den Klebestreifen abtrennen. War vielleicht Glück, aber seit ich besagten Scotch-Abroller kaputtgemacht habe, hatte ich nie wieder einen, von dem ich das Klebeband vernünftig abbekommen habe. Das Ergebnis ist ein vom hilflosen Rumziehen gedehntes und verflustes Band, das seine Klebekraft schon halb eingebüßt hat, bevor ich es überhaupt aufkleben kann.

Auch der glasklare Effekt von Tesa hat sich damit erübrigt, denn unzählige Fingerabdrücke machen es am Ende genauso milchig, wie das halbdurchsichtige Scotchklebeband. Grrrrrr! Aber auch wenn die Abrisskante murx ist, schaffe ich es immer noch, mir daran die Fingerkuppen zu zerstören. Sollte jemand mal meine Fingerabdrücke nehmen wollen, wird er es schwer haben und es hat auch einen Grund, dass ich immer nur rotes Papier verwende...

Bänderdehnung

Kommen wir zu den Bändern. Ich habe eine ganze Schublade voller Bänder - selbstredend. Aber nur wenige passen zu rotem Papier. Früher habe ich Geschenke kunstvoll verschnürt, mit Tannengrün oder Mistelzweigen versehen, hier noch ein Deko-Elch, dort eine Deko-Kugel, handgemalte Geschenk-Etiketten - das ganze Programm. Heute ziehe ich irgendein goldenes oder silbernes Geschenkband aus der Schublade, dass die sardinenbüchsengleiche Enge da drin nur mit vielen Falten überstanden hat und versuche es einigermaßen fest um das Papier zu wickeln. Was nicht klappt. Weshalb es rumschlackert, wenn ich den Knoten vorne drauf mache. Weshalb ich das lockere Band hinten am Geschenk nochmal zusammenfasse und mit einem fleckigen, verdrehen usw. - ihr wisst schon - Stück Tesa verklebe. Was sch...eibenhonig aussieht.

Aber hey, das Ding ist verpackt. Etiketten sind überbewertet, aber da ich mir über die zwei Tage bis Weihnachten definitiv nicht merken kann, welches rote Geschenk für wen ist, schreibe ich großzügig mit schwarzem Edding den Namen drauf. Nicht auszudenken, wenn meine Schwiegermutter die Schnürsenkel, die Lammfellschuheinlagen oder die Thermounterwäsche bekäme, die mein Bruder sich gewünscht hat oder meine Tochter den Stahlbesen, die Sturmhaube, die Dauerfilter für Nasssauger oder die Baumsäge, die für meinen Vater bestimmt sind. Mein Bruder wiederum könnte wahrscheinlich wenig anfangen mit einem Duplo-Zirkus, einem Rattan-Puppenwagen und dem Buch "Lili geht aufs Töpfchen". Aber wer weiß.

Jedenfalls, wenn das so weitergeht mit dem Verpacken, dann werde ich demnächst nur noch auf weihnachtliche Geschenktüten zurückgreifen. So ein Stahlbesen macht sich sicher super in einer dieser schmalen hohen Tüten, in denen man Weinflaschen verschenkt...


Warum ich das Geschenkeverpacken verlernt  habe? Ich weiß es nicht. Habe schon mal in Erwägung gezogen, meinen Hormonstatus ermitteln zu lassen. Vielleicht habe ich ja Testosteronüberschuss.

Andererseits könnte es eventuell auch etwas mit meiner Tochter zu tun haben, denn beim Verpacken hört sich das meist so an: "Nein Schatz, leg die Schere weg, nicht dass du dich schneidest!" "Wo hast du den Abroller hingetan?" "Ach da hinten, holst du ihn mal wieder her? Nein? Dann gehe ich wohl selbst!" "Sag mal Schatz, hast du das ganze Tesa abgerollt? Das hätte ich noch gebraucht. Wo hab ich denn...?" "NEEEIIIN, nicht auf der Geschenkpapierrolle balancieren!!!" "Ach, da hast du das ganze Tesa verklebt, auf den bereits fertig verpackten Geschenken. Ähhhh - sehr hübsch, mein Schatz." usw. usf. (Haare-rauf!)

In diesem Sinne werde ich mich nun verpflastern und mich den übrigen 32 Geschenken zuwenden, die noch zu verpacken sind. Meinem eigenen übrigens auch: Mein Mann sagt, er kann keine Geschenke verpacken!

In diesem Sinne, falls wir uns nicht mehr lesen: Frohe Weihnachten!!!

Eure Nachbarin

Freitag, 19. Dezember 2014

Wenn der Postmann täglich klingelt

Weihnachtszeit, Paketezeit. Vor allem, wenn man mehr am Rand vom Rand wohnt und die sieben Kilometer bis zur Innenstadt dank Kleinkind in der Trotzphase unüberwindlich erscheinen. Was aber tun, mit den vielen, vielen Kartons, die sich nach einer vorweihnachtlichen Geschenke-Order-Aktion in der Ecke stapeln...

Es gibt da diese Theorie: Ein zerbrochenes Fenster, das längere Zeit nicht ersetzt wird, kann dazu führen, dass die gesamte Nachbarschaft verkommt. So ähnlich läuft das auch in unserer Wohnung ab. Es gibt den Zustand „picobello“. Der ist Dienstagsmittags, nachdem unsere Perle das Haus verlassen hat. Ich habe morgens aufgeräumt, sie hat der bescheidenen Hütte Glanz verliehen!

Und dann braucht es nur eine klitzekleine Chaosecke. Dinge, die nicht da sind, wo sie hingehören: Zwei Schrauben liegen noch auf der Fensterbank, weil ich nicht wusste, wo sie herkommen. Der Brotkorb ist mit dem falschen Tuch abgedeckt oder das Quietsche-Entchen steht noch vom abendlichen Bad auf dem Wannenrand. Und schon vermüllt die ganze Wohnung. Wenn mein Mann nach Hause kommt, kann er nicht mehr erkennen, dass unsere Perle überhaupt da gewesen ist. Meine Tochter und ich haben dann schon ganze Arbeit geleistet.

Vor Geburtstagen und vor allem vor Weihnachten spitzt sich das Problem zu. Denn wir bekommen Post. Viel Post! Große Pakete! Die Herren von Versand und Co laden uns schon zu ihrem Geburtstag ein oder erzählen uns von ihren Rückenproblemen, so gut kennen wir uns mittlerweile… Naja, vielleicht machen sie uns auch nur für letztere verantwortlich.

Weihnachtsshopping

Aber wir wohnen eben nicht in der Bonner Fußgängerzone, sondern quasi am Rand vom Rand. Es gibt Supermärkte und Drogerien, Bäcker, Schneider und Floristen, aber es gibt keinen Spielwarenladen, keine Modehäuser und keine Fastfood-Restaurants. Letzteres hat damit eigentlich nichts zu tun, stößt aber meinem Mann immer wieder auf. Kaufhof ist Luftlinie nur siebeneinhalb Kilometer entfernt. In der Realität aber liegen unzählige logistische und organisatorische Meilen zwischen mir und dem Weihnachtsshopping.

Also bewege ich mich gar nicht - das kann ich ja ohnehin am besten - und bestelle alles, was es zu bestellen gibt online. Ich meine, Weihnachtsmann und Christkind bringen die Sachen doch auch ins Haus. Da war nie die Rede von schwitzenden Menschenmassen, die sich – viel zu warm angezogen – bepackt, rempelnd und mit den Nerven am Ende durchs Kaufhaus schieben, um den Wunschzettel abzuarbeiten. Und das sind nur die OHNE zeterndes Kleinkind an den Haxen. No thanks!

Aber zurück zu unserer Wohnung. Wenn zwei Schrauben ausreichen, um aus einem ordentlichen Heim ein Dickicht zu machen, durch das man sich den Weg nur noch mühsam bahnen kann, ist der Effekt von Pappkartons naheliegend. Und wir sprechen hier von vielen Pappkartons. In einer Ecke gestapelt - herausquellendes Füllmaterial, Werbeprospekte und Lieferscheine noch nicht mitgerechnet - blockieren sie etwa fünf Prozent unserer Wohnfläche und die nächste Altpapierabfuhr ist erst in einem Monat. Unverantwortlich sowas.

Idee!!!

Jetzt verstehe ich natürlich, dass sich manchmal eine gewisse Kartongröße nicht vermeiden lässt. Zum Beispiel – äh – bei einem Paravent. Warum aber Pakete hier ankommen, die mindestens eine Mikrowelle vermuten lassen, sich dann aber als Transportkäfig für zwei zentimeterhohe Tierfigürchen erweisen, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Vielleicht kann mich jemand erhellen.

Jedenfalls habe ich mir überlegt, dass ich – auch um mein schlechtes Gewissen in Sachen Papierverbrauch zu beruhigen – die diversen Kartons einer sinnvollen Aufgabe zuführen werde. Meine 38 Weihnachtsdeko-Zeitschriften sagen seit letztem Jahr einhellig das Gleiche: Baut Euch Weihnachtsbäume! Aus Streichhölzern und Ästen, aus Bildern, die pyramidenartig an der Wand hängen, aus Lebkuchen und Büchern. Warum als nicht auch aus Kartons??? Et viola!


Montag, 15. Dezember 2014

Warum ich "Last Christmas" toll finden darf

Ab und an ist ja Zeit für ein peinliches Geständnis. Hier ist es: Für mich ist Weihnachten kein echtes Weihnachten ohne "Last Christmas"! Ja, ich weiß, genauso gut könnte man David Hasselhoff-Fan sein (was ich niemals war) oder Modern Talking toll finden….…… Ja okay... Aber Mann, ich war in der dritten Klasse und Thomas Anders hatte die Haare, die ich mir immer gewünscht hatte.

Aber zurück zu George Michael und „Wham!“. Ich weiß, das Lied sollte eigentlich „Last Easter“ heißen und war nur als Gelddruckmaschine gedacht. Und ich weiß, dass George Michael in dem Video aussieht, wie meine Großtante Henriette und dass man mit dem Schmalz, der gerade aus den Boxen tropft (ja, ich höre das Lied, siehe oben) ausreicht, um Bräter für mindestens drei Weihnachtsgänse einzufetten. Aber ich habe eine wirklich gute Entschuldigung.


Es war der Winter 1991, ich war ein Teenie mit Zahnspange und lila Nerdbrille und schwärmte seit etwa einem halben Jahr für den heißesten Typen, den die Einkaufs-Mall (jaha, sowas gab es damals schon) zu bieten hatte. Er arbeitete in dem großen Musikladen im Basement, dessen Namen ich vergessen habe. Sagen wir der Einfachheit halber „Musikpalast“. Er war groß - also der Typ - mindestens zwanzig und er hatte diese langen dunklen Locken, für die es sich lohnte, mehrmals pro Woche 25 Minuten mit dem Bus in der Innenstadt zu fahren.
 

Ihr seht ich bin meinen Vorlieben auch nach der dritten Klasse erstmal treu geblieben. Jedenfalls war es irgendwann vor Weihnachten und ich schaute diesen neuen, verwackelten Regionalsender. Irgend so ein armer Praktikant hatte am Tag zuvor eine Umfrage in der Fußgängerzone gemacht und sich die Lieblings-Weihnachtslieder der Leute vorsingen lassen. Und plötzlich war ER da und füllte mit seinen Locken den ganzen 56er Röhrenbildschirm aus.
 

Und als ob das nicht schon gereicht hätte, um meinen Tag zu machen, erhob er auch noch seine Stimme und sang im perfekten weichen Bariton sein Lieblingsweihnachtslied ins Mikro: „Laaast Christmas, I gave you my heart…“ Als meine Mutter ins Wohnzimmer kam, fand sie nur noch eine Pfütze an der Stelle, an der mein Herz dahingeschmolzen war. Ich selbst saß im Bus Richtung Innenstadt, um mir eine ganz bestimmte CD zu kaufen...

Freitag, 12. Dezember 2014

Bastelalarm Teil 2

 
Jetzt habt ihr gedacht, ich bin damit durch. Weit gefehlt! Ich habe sage und schreibe 25 Menschen auf der Liste, die dieses Jahr eine Weihnachtskarte von mir bekommen. Nicht die, die mir nahe stehen, die bekommen ne Whatsapp. Aber der Postbote, der Müllmann, die Vermieter, der Nachbar, der immer die Pakete annimmt. Kassenborn vom Rewe. Meine zwei Lieblingslieferanten, die Erzieherinnen im Kindergarten. Oh Moment... 26, 27, 28. Ihr seht, ich muss einfach Basteln und das Wohnzimmer zumüllen.

Weihnachtszeit ist Bastelzeit

Im November, wenn ich das erste Mal zur Mittagszeit das Licht in der Küche anmachen muss, erfasst mich das Weihnachtsfieber. Dann werden die ersten Plätzchen gebacken, Listen mit Geschenkideen angelegt und Termine für Bratapfelessen und Weihnachtsmarktbesuche ins Auge gefasst. Mein Mann, der es ja nicht so mit Brauchtum hat, jammert dann. „Es sind doch noch Wochen hin bis Weihnachten. Unsere Tochter singt gerade von morgens bis abends Martinslieder und du fragst mich, was wir an Weihnachten essen sollen!“

Das ist aber auch typisch für ihn. Schon als es vor drei Jahren um die Hochzeit ging, hielt er sechs Monate Vorausplanung für total verfrüht. Wir wären wahrscheinlich bis heute noch nicht verheiratet… Aber, was reg ich mich auf?! „Jingle Bells“ summend entere ich die Ladenzeile unseres Vorortes, die meine Bedürfnisse erkannt hat und mit weihnachtlichen Mustern und Farben, Glitter und Glimmer lockt. Denn ich - digital völlig vernetzt - bestehe auf handschriftliche Weihnachtspost mit selbstgemachten Karten!

Jetzt muss ich gestehen, mit meinen „Papierchen“, wie mein Mann sie nennt, bin ich speziell. Von der Serviette übers Geschenkpapier bis zum Leporello Bastelset wird alles gehütet. Das führt dazu, dass ich auch mit Papieren aus dem Jahr 1993 arbeite. Sie haben in der Zwischenzeit schon acht Umzüge mitgemacht. Wenn ich etwas ausschneide, lege ich alle Schnipselchen über einem Zentimeter Durchmesser wieder in meine Schatzkiste. Und alles, was ich zu Karten, Geschenken oder Verpackungen verarbeite, trägt meinen leisen Abschiedsschmerz in sich.

Inspirationsjagd

Mein Fundus hindert mich natürlich nicht daran, alle Jahre wieder mit neuen Bastelfutter bepackt nach Hause zu kommen. Mein Mann guckt dann immer noch ungläubig, obwohl er es ja schon kennt. „Tja, du solltest mich vor Weihnachten eben nicht alleine shoppen lassen“, grinse ich und er brummt. „Jaja, und nach Weihnachten ist dann schon wieder vor Weihnachten.“ – „Stimmt“, freue ich mich und unterdrücke meinen Vorschlag, doch ein eigenes Zimmer für meine Papierchen einzurichten. Ist vielleicht grade nicht der richtige Zeitpunkt.

Heftigst unterstützt werde ich übrigens in meiner Leidenschaft durch meine Tochter. Die bringt täglich drei Din A 4-Seiten Uralt-Druckerpapier aus der Kita nach Hause, auf denen mindestens ein blasser Holzstiftstrich zu sehen ist. Manchmal auch zwei und manchmal ist auch das ganze Blatt vollgemalt. Diese Kunstwerke, bei denen ich immer ‚janz feuchte Auren‘ kriege, werden dann auch hin und wieder veredelt. Als Geburtstagskarte, Schmuckkästchen oder auch als Mobile, wie zuletzt an Ostern.

Nach wochenlanger Recherche und Inspirationsjagd im Netz sind nun die folgenden  Weihnachtskarten entstanden. Drei Vorgaben gab es von meiner Seite: 1. Es sollte einfach umzusetzen sein. 2. Ich wollte nur Material verwenden, das ich bis dahin schon zu Hause hatte (bevor man Mann vollends die Krise kriegt) 3. Es sollten verschiedene schöne Karten entstehen, die zum Adressaten passen. Hier die Anleitungen!

Besorgt euch zunächst Blankokarten oder entsprechend zugeschnittenes Tonpapier. Dann kann es losgehen.



Weihnachtliche Wäscheleine

Das braucht ihr: Schwarzen Fineliner, Glitter in verschiedenen Farben, Klebestift
So geht’s: Malt eine Wäscheleine mit einigen winterlichen Kleidungsstücken, einer Weihnachtskugel und einem Weihnachtsstern auf. Füllt die Formen mit Klebestift und Glitter aus. Weihnachtsgruß darunter. Fertig!


Schleifenkarte

Das braucht ihr: etwas breiteres Schmuckband, Papier als Unterlage, Fotoapparat, Fotopapier (10x15 cm) PC, Drucker

So geht’s: Bindet das Band zu einer Schleife. Legt ein weiteres Stück diagonal auf ein Blatt Papier und die Schleife darauf. Fotografiert die Kreation von oben. Druckt das Bild auf Fotopapier aus oder lasst es entwickeln. Klebt es auf die Blankokarte auf. Et voila.


Donnerstag, 4. Dezember 2014

Bastelalarm Teil 1

Wenn ich zum ersten Mal um die Mittagszeit rum das Licht in der Küche anmachen muss, erfasst mich das Weihnachtsfieber. In einem schlechten Sommer kann das auch schon mal im Juli sein, denn das Fenster liegt nach Norden...

Dann werden die ersten Plätzchen gebacken, Listen mit Geschenkideen angelegt und Termine für Bratapfelessen und Weihnachtsmarktbesuche ins Auge gefasst. Ich – digital völlig vernetzt – bestehe auf handschriftliche Weihnachtspost mit selbstgemachten Karten!

Dieses Jahr ging der Sommer einigermaßen, deshalb habe ich mit dem Basteln doch erst im November angefangen.

Hier die ersten Ergebnisse





Herzkarte und Weihnachtswaldkarte

Das braucht ihr: Ein altes Buch, das ihr definitiv nicht mehr lesen wollt, Tonkartonrest, Schere, Klebestift und Heißkleber, Kordel, Gitterband, dicken schwarzen Filzschreiber, Füller, Deko-Klebeband, Streudeko „Sterne“

So geht’s: Nehmt euch das Buch vor und schneidet Herzen, Bäume oder was auch immer ihr mögt aus den Seiten aus. Umrandet die Formen mit schwarzem Filzschreiber.

Für die Herzkarte: Deko-Klebeband aufkleben, aus der Kordel eine Schleife binden, Herzform erst auf festen Tonkarton kleben und nochmal zuschneiden. Dann mit Heißkleber Schleife und Herz übereinander auf das Dekoband kleben. Mit den „baumelnden Herzen“ genauso verfahren.

Für die Waldkarte: Sie ist weniger aufwendig, weil ihr keinen Heißkleber braucht. Glitterband zuschneiden und aufkleben, darauf die Bäume und ein paar Sternchen auf den Spitzen verteilen. Das Glitterband für die baumelnden Herzen schmal zuschneiden und alles festkleben. Fertig.

Weihnachtsgedichtkarte

Das braucht ihr: Gedichtband, Kopierer, Weihnachtsbaumfotos vom letzten Jahr, Schere, Kleber.

So geht’s: Aus dem Gedichtband ein Weihnachtsgedicht herauskopieren (alternativ selbst aufschreiben). Ich liebe Eichendorffs Weihnachtsabend. Dann zuerst das Foto diagonal zuschneiden und aufkleben und die Gedichtseite passend danebenkleben. Fertig.


Anleitung: Fensterkarte

Das braucht ihr: Klappkarte aus Tonpapier oder Blankokarte, Lineal, Bleistift, Cuttermesser, Fotos oder schönes Papier in Kartengröße.

So geht’s: Karte aufklappen und innen links ein Sprossenfenster einzeichnen. Lineal zu Hilfe nehmen, damit die Abstände gleich sind. Mit dem Cuttermesser die „Scheiben“ ausschneiden. Dahinter könnt ihr jetzt ein schönes Papier kleben oder eigene Fotos.
Tipp: Wenn man die „Scheiben“ nur an den kurzen Seiten aufschneidet und sie dann mittig von oben nach unten durchtrennt, ergibt das vier Fenster mit Klappläden. Dahinter können sich dann kleine Überraschungen verbergen, zum Beispiel eine vierteilige Bildergeschichte.

Viel Spaß beim Basteln und eine beseelte Weihnachtszeit wünscht,
Die Nachbarin



Montag, 1. Dezember 2014

Weihnachten auf dem Märchenschloss oder das Osterhasen-Trauma

Kürzlich habe ich mich mit meiner Freundin Marisol über frühe Kindheitserinnerungen unterhalten. So mit fortschreitendem Alter kommen die ja langsam wieder. Eigentlich sollen sie ja erst so ab dem  dritten Lebensjahr langsam einsetzen. Als Mutter finde ich das manchmal traurig: Die Maus wird sich nicht an ihren ersten Tag am Meer erinnern oder an den ersten Schnee. Andererseits aber auch nicht an den Tag, als ich sie mit einem dieser kribbeligen Kopfhaut-Massage-Dinger erschreckte und sie sich die Stirn an der Tischecke aufschlug. (In der Notaufnahme waren sie sehr nett und die Narbe ist schon fast verheilt…)

Eine von vielen Erinnerungsboxen...

Im Gespräch mit Marisol kamen wir darauf, dass wir zwar frühe Erinnerungen haben, ABER ja nicht wissen können, ob es echte Erinnerungen sind ODER Erinnerungen an Erzählungen ODER Erinnerungen an Erinnerungen. Könnte ja auch sein! Wenn ich mich an meinem dritten Geburtstag mit meinem Kurzzeitgedächtnis an etwas erinnere, dass ich mit - sagen wir Zweidreiviertel - erlebt habe und mich dann mit Dreieinhalb daran erinnere, an was ich mich an meinem dritten Geburtstag erinnert habe und so weiter und so fort… kommt doch am Ende eine astreine Erinnerung bei raus!

Superacht versus Smartphone

Jetzt hatten wir Ende der siebziger Jahre ja nicht die mediale Gedächtnisstütze, die die Kids von heute haben. In jedem Lebensmoment steht doch irgendeiner daneben, der das Ganze mit dem Smartphone als Video oder wenigstens im Bild festhält. Über uns gab es höchstens noch einen wackeligen Superachtfilm. Und mit „einen“ meine ich „einen“. Immerhin weiß ich dadurch, dass ich als Einjährige im Ungarn-Urlaub fast mal von der Schaukel gefallen wäre…

Unsere Tochter liebt es, sich Videos von sich selbst anzuschauen (heiliger Egozentrismus) und gibt ihrer Erinnerung damit immer wieder einen neuen Anstoß. So weiß sie auch noch, dass sie sich mit eineinhalb das Bein gebrochen hat (Gips bis zur Hüfte). Wenn man sie fragt, welches Bein und wo genau, kann sie es schneller und präziser zeigen, als wir.

Marisol meint übrigens, sie hat nicht ganz so viele Kindheitserinnerungen. Sie ist auch ein paar Jahre jünger als ich – also zwei. Je mehr ich so über meine ersten Lebensjahre nachdenke, desto mehr fällt mir wieder ein. Vielleicht habe ich aber auch nur eine blühende Fantasie (Krebsgeborene und so). Ein frühes Bild habe ich zum Beispiel von einer Amsel, die vor unserem Küchenfenster an einer mit Körnern gefüllten Kokosnuss schaukelt. Ein Foto gibt es davon nicht. Vielleicht ist es also eine Erinnerungen ersten Grades.

Ok, ein Foto gibt es offensichtlich doch. Mist! Aber in meiner Erinnerung war es eine Amsel. Wirklich!!

Das Osterhasen-Trauma

Aus der Kindergartenzeit habe ich dann schon richtig viele. Wie ich zum Beispiel stolz mein neues Wissen über die Nichtexistenz des Osterhasens mit den anderen teilte und die Erzieherin dann vor versammelter Mannschaft sagte: „Quatsch. Natürlich gibt es einen!“ Heute kann ich sie verstehen. (Mein Trauma lässt auch langsam nach.) Oder der Moment, als ich im Urlaub so „dumdidumdidubdidei“ in ein Schwimmbecken hineintaperte, bis ich nur noch Wasser und Luftblasen vor Augen hatte… und als nächstes die Armbanduhr meines Vaters, der mich (dankenswerterweise) wieder rauszog. Da war ich wohl so vier.

Vielleicht bin ich, was diese ganzen Erinnerungen angeht, auch ein bisschen obsessed. Ich entstamme einer Familie von Ahnenforschern und Autobiographie-Schreibern, von Fotosammlern und Nie-etwas-Wegschmeißern. Sowas färbt sicherlich ab. Andererseits gibt es auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass man von einem Südtiroler Freiheitskämpfer des 18. Jahrhunderts abstammt. Das erklärt so einiges. Sollte meine Tochter mal ein Ahnenforschungsinteresse entwickeln, wird es schwerer, denn „Multikulti-Kid“ müsste ihre Vorfahren gleich in sieben verschiedenen Ländern aufspüren…

Hmm… die Überschrift „Weihnachten auf dem Märchenschloss“ deutet darauf hin, dass ich eigentlich über was ganz anderes schreiben wollte und irgendwie vom Kurs abgekommen bin (ich glaube Seefahrer gehörten nicht zu meinen Urahnen). Jedenfalls schreibe ich über die wunderschöne vorweihnachtliche Märchenschlosserfahrung, an die sich meine Tochter später BITTEBITTE erinnern soll, einfach beim nächsten Mal.




Einen frohen Advent wünsche ich Euch! Und wenn ihr mögt, teilt doch Eure ersten Kindheitserinnerungen mit mir!!